von Traudl Bünger (2014)
„Die Romantherapie“ ist ein anregendes Lesevergnügen für Leseratten und liefert für fast jede Stimmung und viele Leiden stets die passende Lektüre von A bis Z. Lesen hilft. Lesen Sie sich gesund. Das meinen wenigstens die Autorinnen, die Literaturwissenschaftlerinnen Ella Berthoud und Susan Elderkin. Die beiden arbeiten in England als Bibliotherapeutinnen. In ihrer Praxis helfen sie ihren Klienten mit Buchempfehlungen über schwere Zeiten hinweg. Von A wie „Alleinerziehend“ oder „Altersschwäche“ über G wie „Geburtstagsblues“ oder R wie „romantisch sein“ oder S wie „Sex, zu wenig“ bis hin zu Z wie „Zahnschmerzen“ und „Zurückweisung“. Die Auswahl der empfohlenen Romane ist natürlich subjektiv, aber allemal inspirierend und humorvoll. Außerdem gibt es viele Anregungen für neuen Lesestoff.
„Die Romantherapie“ von Traudl Bünger ist beispielsweise bei Amazon zu erwerben.
Bücher wie Medizin zu verabreichen war besonders in Psychiatrien im Laufe des 18. Jahrhunderts üblich. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es in denn USA sogar schon organisierte Patientenbibliotheken, die in der Therapie von psychisch Kranken eine wichtige Rolle spielten. Auch heute gibt es beispielsweise in der Berliner Charitè einen Bücherwagen, der das Herzstück der Patientenbibliothek darstellt, und den Patienten Ablenkung vom eigenen Leid und Aufmunterung bringen soll.
Inzwischen ist die Bibliotherapie sogar ein Therapieverfahren geworden. In den USA hat sie einen festen Platz unter den kreativen Therapieformen. In Deutschland ist sie noch kaum bekannt. In England kann man sich beispielsweise seit einigen Jahren vom Arzt bei leichten bis mittelschweren Depressionen ein “Buchrezept” geben lassen, das in der jeweiligen örtlichen Bibliothek gegen hilfreiche Lektüre eingelöst werden kann.
Eine Studie von Forschern der Universität Yale, die in der Zeitschrift Social Science & Medicine veröffentlicht wurde, behauptet, dass Lesen die Lebensspanne vergrößere. Demnach sollen – gemessen über eine Periode von zwölf Jahren nach der Befragung – Erwachsene, die von sich behaupten, mehr als 3,5 Stunden in der Woche zu lesen, mit einer Wahrscheinlichkeit von 23 % weniger im Vergleich zu denen, die nicht lesen, sterben.
Diesen Befund konnten die Forscher bisher noch nicht genau erklären. In anderen Studien wurde aber herausgefunden, dass Lesen die Fähigkeit von Gehirnzellen, sich untereinander zu verbinden, erhöhen kann und damit vielleicht das Risiko mindert, an einer neurodegenerativen Erkrankung, die die Lebensdauer verringert, zu erkranken.
Ebenfalls konnten Neuropsychologen in einer Untersuchung belegen, dass Lesen, besser als Spazierengehen oder Musikhören, den subjektiv empfundenen Stresslevel zu 68 % reduzieren kann. Nach nur 6 Minuten Lektüre zeigten die Versuchspersonen einen deutlich verlangsamten Puls und eine reduzierte Muskelspannung.
Andere Studien zeigen, dass regelmäßiges Lesen unter anderem die Fähigkeit stärke, mental in andere Rollen zu schlüpfen und bei der Sache zu bleiben. Das, sagen die Forscher, liege am Spiegelzellensystem. Die gleichen Neuronen im Gehirn zeigten sich stimuliert, wenn wir etwas selbst erleben oder, wenn wir das Gleiche als fiktionale Handlungen oder Gefühle miterleben. Es genügt sich also etwas vorzustellen, damit Neuronen aktiviert werden, die wir auch durch unser Erleben im Alltag aktivieren. Der Einfluss der Spiegelneuronen zeigt sich beispielsweise, wenn wir in einem Buch eine besonders berührende Stelle lesen, bei der dann auch echte Tränen fließen können, ohne dass der Leser oder die Leserin das Geschehen am eigenen Leib erlebt.
Ein anderes Ergebnis: Forscher der Universität von Pittsburgh haben 2011 herausgefunden, dass Jugendliche, die viel Lesen, wesentlich besser vor Depressionen geschützt sind als welche, die nur Musik hören.
Außerdem wurde in einer anderen Studie herausgefunden, dass Senioren, die viel lesen, länger geistig fit bleiben und seltener Symptome einer Demenz zeigen.
Was mich als Paartherapeutin besonders beeindruckt hat:
Menschen, die viel Belletristik lesen, gelten als gute Partner in Partnerschaften. Das stellte Prof. Keith Oatley von der University Toronto in einer Forschungsarbeit fest. Weil Literaturfans sich immer wieder in unterschiedlichste Charaktere einfühlten und sich mit den verschiedensten Meinungen beschäftigten, könnten sie im Beziehungsalltag besser auf ihre Partner eingehen.